Wie man mit Laserpulsen ein „Video“ machen kann
Hi, ich bin Julian und bin zurzeit Doktorand in der Forschungsgruppe von Prof. Paul van Loosdrecht an der Universität zu Köln im II. Physikalischen Institut. Ich beschäftige mich mit der Untersuchung von ultraschnellen Prozessen in Festkörpern, also Materialien, die sich in einem festen Aggregatzustand befinden. Das Ganze mache ich mittels ultrakurzer Laserpulse, deren Dauer nur wenige Femtosekunden beträgt.
Zum besseren Verständnis möchte ich dir gerne kurz den Begriff einer Femtosekunde erläutern. Eine Femtosekunde ist die wissenschaftliche Bezeichnung für eine Billiardstel Sekunde, also 0,000 000 000 000 001 s oder auch . Das hier ist eine Zahl mit insgesamt 15 Nullen. Das bedeutet, dass die Femtosekunde der millionste Teil einer millionstel Sekunde ist, wenn man davon noch das tausendstel nimmt. Verwirrend? Definitiv! Deshalb hier noch ein anschauliches Beispiel für dich: In einer Sekunde legt das Licht die Entfernung Erde-Mond zurück. In einer Femtosekunde dagegen kommt es gerade einmal 0,3 Mikrometer, d.h. drei Zehntausendstel Millimeter weit – eine Strecke, die deutlich geringer ist als die Dicke eines menschlichen Haars. Beeindruckend, oder?
Die ultraschnellen Prozesse, die wir mittels unserer Laser untersuchen möchten, sind auf elektronische Anregungen zurückzuführen. Die Elektronen sind in einem Festkörper sehr, sehr schnell, wenn man diese aus ihrem Gleichgewichtszustand anregt. Dies gelingt zum Beispiel mit Laserpulsen, da hier die Energie der Laserpulse von den Elektronen absorbiert wird und diese anregt. Dadurch werden sie quasi in Bewegung versetzt. Die Zeitskalen dieser elektronischen Anregungen befinden sich im Femtosekundenbereich. Deshalb wird auch verständlich, weshalb wir solch ultrakurze Laserpulse benutzen müssen. Man kann es sich so vorstellen, als würde man mit seiner Kamera oder seinem Smartphone einen Sportler beim Sprint fotografieren wollen. Ist der Sprinter sehr schnell unterwegs und die Auslösegeschwindigkeit der Kamera zu langsam, dann wird das Bild später verschwommen aussehen und ist nicht brauchbar. Man kann kaum etwas auf dem Bild erkennen. Ist jedoch das Foto schneller geschossen, als dass sich der Sportler signifikant bewegen kann, dann ist das Bild gestochen scharf und man kann alle Details erkennen. Somit erhält man viele Informationen über den aktuellen Zustand des Läufers. Dadurch hat man zumindest ein Foto, d.h. eine Momentaufnahme gemacht. In der optischen Spektroskopie würde man dies als ein statisches Experiment betrachten. Wir möchten nun aber verstehen, wie man mittels ultrakurzer Laserpulse nun eine Art Video machen kann, d.h. die Vorgänge im Festkörper in der Zeit auflösen und nachverfolgen kann. Hierfür verwenden wir statt eines Lasers nun ganze zwei Laserpulse. Den einen Laserpuls bezeichnen wir als „pump“, da er den Festkörper und damit die Elektronen anregen soll. Dieser Laserpuls wird im Labor intensiv eingestellt. Nachdem wir nun den Festkörper und vor allem die Elektronen in diesem in einen angeregten Nicht-Gleichgewichtszustand versetzt haben, ist in dem Festkörper ganz schön was los. Um die zeitliche Entwicklung dieser Dynamik aufzunehmen, nutzen wir nun einen zweiten Laserpuls. Das ist der sogenannte „probe“. Dieser hilft uns dabei, die zeitliche Entwicklung zu proben und aufzunehmen. Dies machen wir, indem wir die Intensität des „probe“ mittels eines Detektors und einer Messapparatur messen. Wir verändern jetzt in unserem Experiment den zeitlichen Versatz zwischen „pump“ und „probe“ kontinuierlich. Das geschieht, um zu bestimmten Zeiten den Zustand des Systems aufzunehmen und damit zu jedem Zeitpunkt quasi ein Foto zu machen. Wenn wir nun viele dieser Momentaufnahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen haben, können wir diese aneinanderreihen und erhalten damit eine Art Video, d.h. die zeitliche Entwicklung der Dynamik der Elektronen. Auf diese Art und Weise können wir also sozusagen ein Video von den Dynamiken der Elektronen in so einem Festkörper aufnehmen. Nach der Laborarbeit geht es dann an die Auswertung der Messdaten und wir müssen uns darüber Gedanken machen, was wir nun in unserem „Video“ alles sehen und daraus lernen können. Auf dem Foto siehst du mich im Labor und zudem eine Aufnahme während der Messungen.